BESTANDTEILE UND REPERTOIRE |
Der Bharatanatyam-Tanz setzt sich aus zwei Elementen zusammen: den abstrakten, rein rhythmischen Tanz (nrtta) und den erzählerische, darstellenden Tanz (nrtya, abhinaya). In Nrtta, dem rein rhythmischen Tanz werden axial geometrische Bewegungen zur Ausmalung der Schönheit von Rhythmus (tala) und Melodiemodus (raga) ausgeführt. Jede reine Tanzsequenz ist bis ins kleinste Detail - bis zu jedem Augenaufschlag und zur speziellen Haltung der einzelnen Finger - genau durchdacht und gemäß dem Tala-System (Rhythmus und Maß) der karnatischen (südindischen) Musik kalkuliert. Die Technik des Nrtya, des erzählerischen oder darstellenden Tanzes, ist Abhinaya: Abhinaya besteht aus darstellenden Körperhaltungen und Mimik, wobei auch die hier ebenfalls wieder genau vorgeschriebenen charakteristischen Handstellungen - Hastas - dazu dienen, den Text des Liedes, zu dem getanzt wird, in Gestensprache umzusetzen. Damit interpretiert der Tänzer/die Tänzerin die im Lied ausgedrückten Emotionen des menschlichen Lebens, und führt durch seine/ihre Identifikation mit dem Inhalt, der meistens von Liebe in ihren verschiedensten Erscheinungsformen handelt, den Betrachter zu einem ästhetischen Erlebnis von höchst subtiler Qualität. Die Inhalte des Tanzes kommen aus der hinduistischen Mythologie, Literatur und Religionsphilosophie: In dem Bestreben, kosmische Gesetzmäßigkeiten in Symbole zu kleiden, ist eine Vielzahl von Göttern in unterschiedlichen Erscheinungsformen geschaffen worden, und die zahlreichen Erzählungen und Legenden rund um diese mythischen Göttergestalten werden im Tanz wiedergegeben. Auf diese Weise wird die Sehnsucht der menschlichen Seele nach Vereinigung mit dem Absoluten symbolisiert. Doch auch ohne Kenntnis der indischen Mythologie und Philosophie fasziniert Bharatanatyam den westlichen Betrachter vor allem durch die Abwechslung von skulpturalen Posen und raschen, exakten rhythmischen Bewegungen, die durch die farbenprächtigen Kostüme aus golddurchwirkter Seide und den reichen Schmuck der Tänzerinnen zusätzlichen exotischen Reiz erhalten. Kostüme und Schmuck spielen beim Indischen Tanz eine besonders wichtige
Rolle. Der traditionelle Kopfschmuck besteht aus einem mit Halbedelsteinen
und Perlen besetzten flachen Band. An beiden Seiten dieses Bandes sind
Nachbildungen von Sonne und Mond - ebenfalls wieder in Halbedelsteinen
und Perlen - angebracht. Das Haar wird zu einem Zopf geflochten, der dicht
mit Jasminblüten besteckt wird. Das Kostüm der Tänzerin
ist aus einem seidenen Sari gefertigt, der mit golddurchwirkten Borten
besetzt ist. Dabei werden leuchtende, kontrastierende Farben bevorzugt.
An beiden Füßen trägt die Tänzerin Fußschellen
mit zahlreichen Bronzeglöckchen, die sakralen Charakter haben und
den Rhythmus des Tanzes betonen. Fingerspitzen, Handflächen, Zehen
und Sohlenrand werden rot bemalt, ein Symbol für die Blütenblätter
des roten, glückverheißenden Lotus. |